22
Dez
2019
0:33 AM

Bericht von der Internationalen Synästhesiekonferenz in Moskau (1)

Vom 16.– 20.Oktober 2019 fand in Moskau das Symposium „Cross-sensory Aspects of Cognition across Science and Art“ statt. Einige DSG-Mitglieder, die teilgenommen haben, geben uns in einer kleinen Serie Einblicke in das beeindruckendes Ereignis.

Gabriela Ernst, DSG Mitglied, berichtet:

Diese Stadt ist so faszinierend - bei Tag und bei Nacht sehr unterschiedlich aufregend! Der IASAS-Kongress war unbeschreiblich, überwältigend - wohl der größte weltweite Synästhesie-Kongress bisher! Vor allem die Verbindung zur Wissenschaft und Kunst machte ihn ganz besonders.

Am 16.10. gab es eine Pressekonferenz. Der Eröffnungsabend am gleichen Tag brachte erst einmal freudige und herzliche Wiedersehens-Szenen!  Es waren 26 Länder vertreten, und ich hatte so einige Synästheten und Wissenschaftler schon von anderen Kongressen (wie in Houston, London, Edinburgh, Granada u.v.m) gekannt und die Möglichkeit, so viele „neue“ Synästheten und Wissenschaftler kennenzulernen, so z.B. aus Griechenland, Spanien, Holland, Nigeria, China, Kalifornien, Florida, Neuseeland usw. war großartig.

Vorstand der IASAS bei der Pressekonferenz
Dr. Svetlana Rudenko (IASAS Arts Coordinator), Sean A. Day (IASAS President) mit Keynote Speaker Dr. Richard E. Cytowic (v.l.n.r.) // Vorstand der IASAS bei der Pressekonferenz

Am 1. Abend gab es ein Team aus Synästheten, Wissenschaftlern und Künstlern, die erst einmal „Synästhesie“ auf ihre Art und Weise definierten. Danach gab es eine bunte Mischung aus Darstellungen. Z.B. wurden Bilder musikalisch empfunden interpretiert, Düfte getanzt, Farben vertont. Eine Geigerin sieht farbige Töne, und ihr Mann baute ihr eine Geige, die beim Anspielen der verschiedenen Noten der Geige Farben entlocken - bei einem weiteren Konzert sogar den Raum farbig füllten („MedTedKatilyn Hova“)!

Am 17. + 18.10. tagten wir in der Staatlichen Universität Moskau - im Fachbereich Psychologie und Erziehung. Morgens erfolgten immer 3 Vorträge hintereinander. Mittags und nachmittags gab es auch je 3 Vorträge, jedoch liefen mit der Zeit auch andere Vorträge parallel - erst 2, dann sogar 3 - erst nachmittags, dann mittags. Somit konnte jeder Teilnehmer pro Tag 9 Vorträge hören - musste sich später aber zwischen ca. 20 Themen entscheiden. Die Vorträge stellten wissenschaftliche Themen vor, es gab aber auch persönliche Darstellungen, sowie künstlerische Präsentationen. Nach jedem Thema gab es Zeit für Fragen.

Am 19. + 20.10. wechselten wir zum Tchaikovsky-Konservatorium, wo weltweit begabte Musiker studieren können.
Am 19.10. fand ein Dinner im recht luxuriösen Hotel „St. Regis“ statt. Es gab nicht nur einen regen Austausch - von Tisch zu Tisch - das Essen war sehr delikat und optisch eine Art Kunstwerk. Allerdings war der atemberaubende Blick aus dem 8. Stock das Highlight - auf den Kreml und den roten Platz - sowie auf die erleuchtete und farbige Innenstadt...

Vor dem Dinner im Hotel St.Regis
Vor dem Dinner im Hotel St. Regis
Konzert im Konservatorium
Konzert mit Peter Theremin im Tchaikovsky-Konservatorium

Am Sonntag, 20.10., endete der Kongress mit einer großen Abschluss- und Feedback-Runde, und am Abend mit einem weiteren Konzert. Dabei leitete ein Synästhet seine Band, die sein erlebtes Bild "flowers in the hell" uns spürbar vermittelte.
Bei einem Klavierkonzert wurden dem Pianisten und einer Zuhörerin Elektroden auf den Kopf platziert, und alle Zuschauer konnten - auf eine große Leinwand projiziert - in ihr Gehirn sehen - welche Areale aufleuchteten - im Vergleich zu Nicht-Synästheten!

Blick ins Gehirn des Pianisten
Vorbereitungen für den Blick ins Gehirn

Diese unfassbar schöne Stadt, dieser unfassbar perfekt organisierte und gelungene Kongress ließen die Unfreundlichkeit und Schikanen in der russischen Botschaft/Bonn-Bad Godesberg und am Moskauer Flughafen, sowie der Mehrzahl der Einwohner (unter denen fast keiner Englisch spricht) vergessen...
Schon im Vorfeld haben sich Sean Day und Anton Dorso (russischer Kongressdirektor) sehr gut um uns gekümmert, haben geholfen, die Zulassung zum Kongress zu erhalten, sowie wichtige Tipps für die Visumbeschaffung zu geben.

Die Organisatoren der Konferenz
Die Organisatoren der Konferenz mit Dr. Richard E. Cytowic

Die gehörten Themen im Kongress waren zu viele und verschiedenartig, um sie hier alle aufzuführen...

Nach dem Regionaltreffen in Hamburg und Düsseldorf, dann dem nationalen Treffen in Hannover, war dieser internationale Kongress eine echte Steigerung, und motiviert mich, weiterhin auf allen Ebenen an Synästhesie-Versammlungen teilzunehmen, so in Wien 2020 und weltweit 2020 in Washington. 2021 werden es Granada und Chicago sein...

Gabriela Ernst


Beitragsbild: yurchin / pixabay
Foto Pianisten: Jasmin Sinha
Alle weiteren Fotos: Abiola Olaniyi Ogunsanwo



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